Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 111

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einhergehen, die teilweisen Kosten für psychotherapeutische Behandlung übernommen werden. So berichtet er etwa von Raubüberfällen, bei denen die Opfer gefesselt wurden und seit der Tat unter schweren Angstzuständen leiden.

Dr. Lorenz vom "Weißen Ring" in Innsbruck berichtet von Mißbrauchsopfern, bei denen keine schweren Körperverletzungen festgestellt wurden. Hämatome, Blutergüsse et cetera zählen nicht zu schweren Körperverletzungen. Diese Personen haben nach dem geltenden Recht keine Möglichkeit auf psychotherapeutische Behandlung. Dasselbe gilt für Nicht-EU-Bürger, die in Österreich Opfer eines Verbrechens werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind mit einem gestiegenen Aggressionspotential in unserer Gesellschaft konfrontiert; so zählen Mißhandlungen im Familienkreis zu den häufigsten Verletzungsursachen bei Frauen. Laut Statistik des Tiroler Frauenhauses wurden von Mai 1997 bis April 1998 tirolweit 182 Täter durch die Polizei oder Gendarmerie aufgrund ihrer ausgeübten Gewalt aus ihrer Wohnung gewiesen. 135 Frauen und deren Kinder suchten im Jahre 1997 Schutz und Unterkunft im Tiroler Frauenhaus.

Gegen Gewalt im öffentlichen und auch im privaten Bereich aktiv zu werden, ist ein gesellschaftspolitisches Anliegen. Es ist notwendig, Stellung zu beziehen und zu handeln. Das Projekt gegen Gewalt an Frauen und Kindern, vom Bundeskanzler und von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten initiiert, wie auch das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, das seit 1. Mai 1997 in Kraft ist, stellen notwendige Maßnahmen dar. Durch die Weiterentwicklung und Verbesserung des Verbrechensopfergesetzes können wir heute eine weitere gesetzliche Rahmenbedingung schaffen, um der Gewalt zu begegnen, indem wir den Anspruch der Opfer auf beste Behandlung anerkennen. Entgegnen wir der oft verhängnisvollen Sicht der Betroffenen, selbst schuld an den Mißhandlungen zu sein!

Der Schutz der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft muß uns ein Anliegen sein. Nur durch eine Gewährleistung von Unversehrtheit, Freiheit, Sicherheit und Integrität des einzelnen wird es ermöglicht, Verantwortung in Familie und Gesellschaft wahrzunehmen. Meine Fraktion wird daher dieser Gesetzesvorlage zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.22

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

15.23

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine kriminelle Gewalttat zu erleiden, gehört zu den wohl krisenhaftesten Erlebnissen eines Menschen. Von den Opfern werden Schäden im psychischen Bereich als besonders schwerwiegend empfunden. Warum? – Weil hier nach außen hin nicht erkennbar ist, wie ein Mensch in seiner gesamten Person in seiner Psyche geschädigt ist, und weil es bis jetzt einfach nicht aktuell war, zu sagen: Bitte, ich habe einen Knacks bekommen. – Denken Sie nur an Fälle von Vergewaltigungen oder sonstige Dinge!

Deswegen glaube ich, daß diese Vorlage zum Verbrechensopferschutz signalhaft ist; signalhaft auch deswegen, weil sich hier langsam die Rechtsmeinung durchsetzt, daß Opferschutz vor der Betreuung des Verbrechers kommen soll, was in Österreich wirklich von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Gerade der psychotherapeutische Bereich, also der gesundheitliche Bereich, ist lange ein sehr umkämpfter – ich möchte nicht sagen: umstrittener – gewesen. Deswegen scheint mir das als Fortschritt zu den anderen Bereichen und auch zu den weiteren zivilrechtlichen Abhandlungen in Form eines Strafverfahrens besonders notwendig zu sein. Ich wollte das nur zu diesem Bereich sagen.

Meine Fraktion – das hat schon mein Kollege Weilharter ausgeführt – ist sehr froh darüber, daß es zu dieser Vorlage gekommen ist. Wir sehen sie als ersten Schritt auch zu anderen Behandlungen von Verbrechensopfern, nämlich nicht nur im psychischen und medizinischen Bereich, sondern auch im zivilrechtlichen Bereich. Deswegen werden wir hier gerne die Zustimmung geben.


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